Bürgerbeteiligung – ja, aber wie?

Bürgerbeteiligung ist en vogue. Landauf landab wird der Ruf nach Bürgerbeteiligung im politischen und vor allem im kommunalen Umfeld lauter. Kaum ein politischer Mandatsträger kann es sich leisten, diesen Ruf zu ignorieren. Doch was bedeutet dies für die Entwicklung unserer Stadt? Welches sind die Chancen? Und wo sind die Grenzen?

Im Gegensatz zu kommunalen Plebisziten (z.B. Bürgerbegehren, bzw. Bürgerentscheide), die als formelles demokratisches Werkzeug anzusehen sind, gilt eine konsultative -also nicht nur informative- Bürgerbeteiligung als Verfahren einer informellen, partizipativen (bzw. auch deliberativen) Demokratie.

Im Mittelpunkt der deliberativen, d.h. dialogorientierten Verfahren steht der Austausch von Argumenten mit dem Ziel einer gemeinschaftlichen Willensbildung.

Idealerweise wird durch die Beteiligung (Partizipation) Verständnis für politische Prozesse erzeugt und das demokratische Bewusstsein aller Beteiligten geschärft. Engagement wird aktiviert, es entstehen Einblicke in die Bedürfnisse und Ansichten unterschiedlicher Gruppierungen, vor Ort vorhandenes Wissen wird eingebunden, mögliche Stolpersteine lassen sich frühzeitig erkennen, widersprüchliche Interessen könnten integriert werden, und die Kommunikation wird verbessert.

Nationale aber auch internationale Versuche, Methoden der Bürgerbeteiligung auf die jeweilige Fragestellung und die betroffenen Akteure anzupassen, haben zu einer Vielzahl unterschiedlichster Verfahren geführt. Die Teilnehmerzahlen schwanken zwischen 10 und 20.000, die gewählte Zeitspanne reicht von wenigen Tagen bis zu Jahren, und die Auswahl der Beteiligten erfolgt entweder zufällig (Losverfahren), gezielt (nur ausgesuchte Teilnehmer) oder in Selbstselektion (alle Interessierten nehmen teil). 

Neben den seit Langem erprobten Varianten einer Präsenzbeteiligung (Bürgerpanel, Bürgerrat, Charette, Bürgerkonferenz, Bürgerwerkstatt, u.ä.), rücken in neuerer Zeit zunehmend online- und internetgestützte Beteiligungsverfahren (E-Partizipation) ins öffentliche Interesse. 

Eine Kombination aus Online- und Präsenzelementen (z.B. Bürgerforum) erlaubt den Meinungsaustausch sowohl in informativen Veranstaltungen als auch, meist anschließend, in speziell ausgerichteten Internet-Foren. Als Abschluss dient in einem solchen Format meist erneut eine Präsenzveranstaltung. 

Die zumeist sehr komplexen Verfahren sind angewiesen auf die Unterstützung von Moderatoren sowie Experten aus Wissenschaft und Praxis.

Voraussetzungen für jede Form der Bürgerbeteiligung sind ein klar definiertes Ziel, eine ausführliche und ausgewogene Information, die geeignete Partizipationsmethode, eine methodische Transparenz und eine klare Definition der Grenzen der Mitwirkung. 

Bürgerbeteiligung soll (und kann) existierende Modelle repräsentativer Demokratie nicht ersetzen, es geht hier immer nur um eine konstruktive Ergänzung.

In Bezug auf die Weiterentwicklung des Karl-Bever-Platzes bleiben zunächst die Ergebnisse der geplanten „offenen“ Bürgerbeteiligung abzuwarten.

Ulrich Schöffel